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Einleitung

Der Verlust des Sehens kann teilweise mit den verbliebenen Sinnen kompensiert werden. Zur selbstständigen Fortbewegung und Raumorientierung nutzt der blinde oder sehbehinderte Mensch vor allem Tastsinn und Gehörsinn. Um Tastinformationen zu gewinnen, ist und bleibt der Weiße Stock das am häufigsten genutzte Hilfsmittel. Der weiße Stock hat seit seinem ersten Einsatz eine lange Geschichte durchlaufen und erfüllt inzwischen verschiedene Funktionen. Entsprechend der Verwendungsweise wurde eine Kategorisierung vorgenommen. Die Konstruktion der verschiedenen Stocktypen wird von der Verwendungsweise bestimmt und erfordert entsprechende Stocktechniken. Diese Techniken sind notwendig, um den weißen Stock als Hilfsmittel sinnvoll zu nutzen. Zum Erlernen der Techniken stehen  speziell geschulte Trainer für Orientierung und Mobilität zur Verfügung.

Die Geschichte

Bildtext: Guilly d'Herbemont
Bildtext: Guilly d'Herbemont.

Der Stock begleitet Blinde seit Jahrhunderten. Seine Funktion war aber nur auf den Körperschutz vor einem Hindernis beschränkt (Schutzfunktion). Erst im 20. Jahrhundert kam es zu bedeutenden Änderungen. Der Fortschritt im Straßenverkehr erforderte die Kennzeichnung der Blinden.Es wurden rote Fähnchen getestet (Belgien 1911), oder gelbe Bänder mit drei schwarzen Punkten (Dänemark, Schweden, Deutschland).Der Fotograf James Biggs aus dem englischen Bristol erblindete und fühlte sich vom Autoverkehr bedroht. Im Jahre 1921 strich er seinen Spaziergangstock weiß an, um sich bemerkbar zu machen.Unabhängig von James Biggs schlug in Frankreich im Jahre 1930 Guilly d´ Herbemont vor, die Blinden mit einem weißen Stock zu kennzeichnen. Frau Herbemont wurde von Pariser Polizisten inspiriert, die mit dem weißen Stock den Verkehr organisierten. Sie kämpfte für ihren Vorschlag und verschaffte ihm eine beachtliche Publizität.Im Jahre 1931 finanzierte sie mit eigenem Geld den Einkauf von 5000 weißen Stöcken. Ungeachtet des Anfangsmisstrauens setzte sich in Frankreich der weiße Stock als Kennzeichnung für Blinde durch und verbreitete sich schnell in weitere Länder Europas. Der Stock erlangt so auch die Signalfunktion.In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde zuerst (1930) mit schwarzem Stock experimentiert, den der „Lions Club“ als Kennzeichnung für Blinde im Verkehr einsetzt. Bald findet man die schwarze Farbe für Autofahrer als zu schlecht erkennbar und im Einklang mit Europa wird schwarz durch weiß ersetzt.Die effektive Nutzung des weißen Stockes als Blindenstock ist eine indirekte Folge des 2. Weltkrieges. Im Jahre 1944 wurde Richard E. Hoover ins Militärkrankenhaus für blinde Kriegsveteranen in Valley Forge in Pennsylvania und C. Warren Bledsoe, als Lehrer an der „Maryland School for the Blind“, einberufen.Beide hielten die bisherigen Möglichkeiten der Orientierung und Mobilität (Echolokalisation, Orientierung mit Hilfe von Händen und Füßen) für ungenügend und begannen an einer Technik zu arbeiten, die wie eine verlängerte Hand einen langen weißen Stock nutzt. Besonders Hoover war experimentierfreudig. Er verband seine Augen, um verschiedene Techniken des Stockes auszuprobieren und suchte nach effektiveren Lösungen. Nach und nach erarbeitete er die bis heute verwendete Methodik und erhob dadurch den weißen Stock zum grundlegenden Hilfsmittel zur Orientierung von Blinden (Orientierungs-funktion).Bledsoe fing an, die ersten Orientierungs- und Mobilitätstrainer zu schulen. Schrittweise wurden die Techniken des weißen Stocks (Langstocktechniken) auch in Europa verbreitet.Seit dem Jahre 1964 wird in den USA der 15. Oktober als „Der Tag der Sicherheit mit dem weißen Stock“ zelebriert (White cane safety day), seit den 1980er Jahren auch in Europa als „Tag des weißen Stockes“.

 

 

 

Einteilung des Weißen Stockes

Es ist offenkundig, dass man in einem weißen Stock nicht alle Funktionen vollwertig verbinden kann. Es gibt keinen universellen „Weißen Stock“. Man kann jedoch zwei bis drei Funktionen in folgenden Kategorien erzielen.


Orientierungsstöcke: Diese Stöcke sind für die  Orientierung und Mobilität der Blinden bestimmt. Meistens werden sie als auch „Blindenlangstöcke“ oder „Blindentaststöcke“ bezeichnet. Sie reichen bis senkrecht vor dem Körper stehend vom Boden bis zum Brustbein, manchmal bis in die Achselhöhle oder in wenigen Fällen auch bis zu den Schultern, üblicherweise in Längen von 110 bis 150 cm.


Signalstöcke: Diese Stöcke kennzeichnen Sehbehinderte und Blinde im Straßenverkehr sowohl alleine als auch in Begleitung einer sehenden Person oder eines Blindenführhundes. Sie reichen vom Boden bis zur Gürtellinie, üblicherweise in Längen von 90 bis 110 cm.


Stützstöcke: Diese Stöcke sind für Personen mit kombinierter Geh– und Sehbehinderung bestimmt. Sie reichen bis  zum Hüftgelenk,üblicherweise in Längen von 80 bis 95 cm.


Broschüre zum Download

Eine interessante Broschüre der Firma Svavrovsky (Erzeuger von Blindenstöcken in Brünn) mit fortführenden Informationen gibt es hier zum Download.

PDF-Broschüre zum Download <hier klicken>