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Helfen, aber wie?
Kommt Ihnen die Situation bekannt vor: Auf der Straße sehen Sie eine Person mit weißem Taststock und/oder gelber Armbinde, die scheinbar gerade Probleme hat, sich zurechtzufinden. Sie würden die Person gerne unterstützen, aber irgendwie wissen Sie nicht, wie? Haben Sie vielleicht beruflich viel mit Kunden zu tun und sind sich manchmal nicht sicher, wie Sie Ihre Dienstleistung für blinde oder sehbehinderte Kunden richtig gestalten? Oder hat Ihr Arbeitskollege oder Vorgesetzter eine hochgradige Sehbehinderung und Sie fragen sich, wie Sie sich ihm gegenüber am besten verhalten, damit er mit der Zusammenarbeit zufrieden ist?
Nun, wir werden Ihnen natürlich nicht sagen können, wie Sie am besten auf Menschen zugehen, Ihre Dienstleistungen gestalten oder Ihre Arbeit machen. Wobei wir Sie aber unterstützen können, ist, Ihre Berührungsängste gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen abzubauen. So wird es Ihnen leichter fallen, dieser Personengruppe in den verschiedensten Situationen ohne Vorbehalte zu begegnen.
Hier haben wir ein paar grundsätzliche Tipps zum richtigen Umgang mit blinden und sehbehinderten Menschen für Sie zusammengestellt:
1. Begegnen auf Augenhöhe!
Verhalten Sie sich blinden und sehbehinderten Menschen gegenüber genauso respektvoll, wie Sie es allen anderen Menschen gegenüber tun. Trauen Sie sich, Fragen zu stellen, vermeiden Sie nicht Worte wie „sehen“ oder „blind“ und kommunizieren sie mit dem Menschen direkt, nicht z.B. über eine sehende Begleitperson. Vermeiden Sie aber abwertende Ausdrücke und respektloses Verhalten. Bedenken Sie, dass oft auch z.B. übertriebenes Mitleid als sehr respektlos aufgefasst wird. Seien Sie also im Umgang durchaus rücksichtsvoll, aber nicht übervorsichtig!
2. Machen Sie sich bemerkbar!
Seien Sie sich bewusst, dass Ihr blindes oder stark sehbehindertes Gegenüber Sie und die Umgebung nur sehr schlecht oder gar nicht sieht. Daher ist es wichtig, dass sie Informationen hör- oder tastbar wahrnehmbar machen. Machen Sie sich durch Sprechen bemerkbar, beschreiben Sie Situationen, anstatt zu gestikulieren oder wohin zu zeigen usw.
3. Unterstützung anbieten – ja bitte! Unterstützung aufdrängen – nein danke!
Haben Sie keine Hemmungen, Ihre Unterstützung anzubieten, wenn Sie den Eindruck haben, eine Person könnte sie brauchen. Akzeptieren Sie aber auch ein Nein und insistieren Sie nicht – es liegt immer im Ermessen der blinden oder sehbehinderten Person selbst, einzuschätzen, ob sie in dem Moment gerade Hilfe braucht und möchte oder nicht. Auch die Einschätzung, was für sie persönlich hilfreich ist, liegt alleine bei der Person selbst – versuchen Sie nicht, sie vom Gegenteil überzeugen!
4. Assistieren, nicht bevormunden!
Versorgen Sie die Person sachlich mit jenen Informationen, die sie selbst nicht oder nicht gut wahrnehmen kann, indem Sie z.B. die Möglichkeiten, in einem Gebäude auf eine andere Ebene zu gelangen, beschreiben oder einen Text vorlesen. Versuchen Sie aber nicht, die daraus folgenden Entscheidungen für die Person zu treffen, indem Sie beispielsweise vorgeben würden, ob sie zum Aufzug oder zur Treppe gehen soll, oder indem Sie beim Vorlesen des Textes nur jene Passagen vorlesen würden, die Ihrer Meinung nach relevant sind.
5. Anleiten, nicht steuern!
Wenn Sie zum Beispiel eine blinde Person einen Weg entlang führen, lassen Sie sie bei sich einhängen und leiten Sie entlang einer sicheren Route. Machen Sie sie auf Hindernisse wie z.B. Stufen hinauf oder hinunter aufmerksam und gehen Sie immer etwas weiter vorne als die Person. Lassen Sie aber sie das Tempo bestimmen und geben Sie Ihr Zeit, um Ihnen zu kommunizieren, wohin es gehen soll. Vermeiden Sie es, die Person zu „schieben“ oder zu „steuern“!
Sie würden gerne genauer wissen, wie Sie sich in alltäglichen Situationen in Beruf und Freizeit blinden oder sehbehinderten Menschen gegenüber am besten verhalten? Ausführliche Informationen dazu finden Sie kurzweilig aufbereitet in den Ratgeberbroschüren des BSVÖ!
Essen im Dunkeln
Ein ganz besonderes Angebot zur Sensibilisierung ist das „Essen im Dunkeln“. In komplett abgedunkelter und geschützter Umgebung können Sie unter Anleitung der Mitarbeiter ausprobieren, was passiert, wenn Sie Geschmacks-, Geruchs-, Gehör-, und Tastsinn vermehrt einsetzen müssen, um sich im Raum zu orientieren und in der Situation am Tisch und beim Essen zurechtzufinden.
Die Erfahrung zeigt, dass hier Vorurteile und Berührungsängste durch die Selbsterfahrung in Kombination mit dem Austausch mit blinden Menschen schnell und unkompliziert abgebaut werden und der Weg für einen angemessenen Umgang miteinander nachhaltig geebnet wird.
Möchten Sie dieses Erlebnis für sich entdecken?
Der Blinden- und Sehbehindertenverband bietet in den Räumlichkeiten des Verbandsgebäudes zu bestimmten Terminen "Frühstück im Dunkeln" und "Dinner im Dunkeln" an.
Für Termine und weiterführende Informationen klicken Sie jeweils auf den nachfolgenden Link:
Information zur Barrierefreiheit
Blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen unterscheiden sich in ihren Anforderungen an gestaltetes Umfeld oder auch Medien grundlegend voneinander. Das Grundverständnis für diesen Unterschied ist oft schon ein wesentlicher Schritt in Richtung einer sinnvollen barrierefreien Gestaltung vom ersten Entwurf an.
Menschen mit Sehbehinderungen orientieren sich primär mithilfe des (noch vorhandenen) Sehsinnes. Sie brauchen deutlich sichtbare Informationen, das heißt
- gut sichtbare, klar strukturierte und intuitiv erfassbare durchgehende Orientierungssysteme,
- visuelle Kontraste bei Beschriftungen, Bedienelementen und Orientierungssystemen,
- deutlich erkennbare Schrift, Symbole etc.,
- visuell kontrastierende Markierung und Kennzeichnung von Hindernissen,
- gute Beleuchtungsverhältnisse und
- keine spiegelnden und reflektierenden Flächen/Böden oder ansonsten visuell irritierende Materialien
Blinde Menschen setzen den Sehsinn kaum bis gar nicht ein. Sie brauchen hör- und tastbare (Hände, Füße, Taststock) Informationen, das heißt
- tastbare, klar strukturierte und intuitiv erfassbare durchgehende Orientierungssysteme,
- tastbare erhabene Beschriftungen (Symbole, Normal- und Brailleschrift),
- intuitiv auffindbare Bedienelemente etc.,
- akustische Wiedergabe von visuellen Signalen und Informationen und
- tastbare Kennzeichnung bzw. bauliche Absicherung von Hindernissen.
Maßnahmen der barrierefreien Gestaltung für blinde und sehbehinderte Menschen lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
1. Maßnahmen zur Nutzungsfreundlichkeit (Farbgestaltung, Beleuchtung etc.)
2. Maßnahmen zur Orientierung und Information (visuelles und taktiles Leitsystem, Infor-mationen, akustische Hilfsmittel etc.)
3. Maßnahmen zur Nutzungssicherheit (Vermeiden und /oder Absicherung verschiedenartiger Hindernisse)
Sehr wichtig ist es dabei immer, das sogenannte „2-Sinne Prinzip“ zu verinnerlichen und umzusetzen. Unter dem „2-Sinne Prinzip“ versteht man die Ausgabe von Informationen, sodass sie durch (mindestens) zwei einander ergänzende Sinne wahrnehmbar sind.
Das heißt
- akustische Informationen müssen gleichzeitig visuell angezeigt werden,
- visuelle Informationen müssen gleichzeitig akustisch und/oder taktil verfügbar sein.
Im Optimalfall sollte das 2-Sinne Prinzip auf ein „Mehrsinneprinzip“ erweitert werden, damit die Informationen auch für Menschen mit mehrfachen Sinnesbehinderungen barrierefrei zugänglich sind.
Sind Sie für Planungen zuständig und sind sich nicht sicher, welche konkreten Maßnahmen Sie umsetzen sollten, um die Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Menschen zu gewährleisten, oder haben Sie zur Ausführung einer konkreten Maßnahme, die Sie planen, oder auch zu den Bestimmungen der entsprechenden ÖNORMEN Fragen? Wenden Sie sich vertrauensvoll an das Referat für barrierefreies Bauen des BSVÖ bzw. an das GMI.